In Deutschland gibt es drei psychotherapeutische Verfahren, die wissenschaftlich anerkannt und entsprechend von den Krankenversicherern finanziert werden. Diese Verfahren nennt man Richtlinien-Therapie.
Hierzu gehören die:
- Verhaltenstherapie (VT)
Sowie die beiden psychodynamischen Therapieansätze
- Analytische Psychotherapie (AP)
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP)
Den Therapieverfahren der Richtlinientherapie liegt ein umfassendes Verständnis zur Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen sowie zu deren Behandlung zu Grunde. Darüber hinaus ist die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt.
Es gibt auch eine Vielzahl anderer wirksamer Therapieverfahren. Diese sind jedoch in Deutschland noch nicht anerkannt und werden auch entsprechend nicht von der Krankenkasse getragen.
Im Mittelpunkt der Verhaltenstherapie (oder auch kognitiven Verhaltenstherapie) steht ein aktuelles psychisches Problem, also das, was den Patienten oder die Patientin akut belastet und beeinträchtigt. Dabei kann es sich zum Beispiel um Ängste, depressive Stimmungen, psychosomatische Beschwerden oder Ähnliches handeln. Ziel der Therapie ist die Besserung des Befindens und die Auflösung oder Linderung der Symptome.
Wesentlich für die Behandlung ist eine gründliche Erarbeitung der Faktoren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik beigetragen haben, die sog. Lerngeschichte. Es gibt immer Gründe, warum Menschen im Laufe ihres Lebens lernen, auf bestimmte Situationen oder Belastungen mit bestimmten Verhaltensweisen zu reagieren. Dabei werden unter „Verhalten“ nicht nur äußerlich sichtbare Handlungen, sondern ebenso innere Prozesse wie Denken, Fühlen und körperliche Reaktionen verstanden. Solche Verhaltensmuster können sich langfristig verselbstständigen, so dass sie schaden und zu psychischen Problemen führen. Da problematisches Verhalten und Erleben nicht angeboren, sondern erlernt ist, kann es unterstützt durch die Therapie auch wieder „verlernt“ werden. Entscheidend ist dabei, dass die aufrechterhaltenden Faktoren gefunden und im Lernprozess bearbeitet werden.
Die Wirksamkeit kognitiv-verhaltenstherapeutischer Verfahren ist bei vielen psychischen Störungen in Hunderten von Studien belegt. » Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der deutschen Bundesregierung hat die Verhaltenstherapie daher als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren eingestuft.
Die analytische Psychotherapie umfasst jene Therapieformen, die zusammen mit der neurotischen Symptomatik vor allem die zugrunde liegende Struktur (Persönlichkeit) des Patienten behandeln und dabei das therapeutische Geschehen mit Hilfe der Übertragungs-, Gegenübertragungs- und Widerstandsanalyse in Gang setzen und fördern. Im Gegensatz dazu fokussiert » Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP) auf die Bearbeitung eines aktuellen Konfliktes, für den ein klarer Auslöser erkennbar ist. Die Analytische Psychotherapie konzentriert sich auf Persönlichkeitsanteile, lebensüberdauernde Muster im Erleben und Verhalten, von Denk- und Bewertungsprozessen wie auch Muster in Beziehungen.
Deshalb wird in dieser Therapieform nicht von Anfang an auf einen bestimmten Themenbereich fokussiert, sondern der Patient wird aufgefordert, so frei wie möglich alles in Worte zu fassen, was ihn beschäftigt: aktuell Erlebtes, Erinnerungen, Phantasien, Träume – in möglichst freier Assoziation. Der Analytiker achtet dabei auf bewusste und dem Patienten / der Patientin noch unbewusste Zusammenhänge. So kann gemeinsam ein allmähliches Erkunden der belastenden Konfliktbereiche entstehen. Wenn das eigene Leid wieder belebt wird, wenn beschämende, beängstigende, schmerzliche oder schuldbesetzte Themen angesprochen sind, kann es anstrengend werden – bis neue Lösungen gefunden sind.
Auch in der therapeutischen Beziehung zum Analytiker können sich Konfliktmuster einstellen, die für den Patienten lebensgeschichtlich bedeutsam sind. Solche Übertragung genannten Phänomene finden in der psychoanalytischen Therapie besondere Beachtung und werden für die Bearbeitung der Konflikte genutzt.
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie beruht auf den theoretischen Grundlagen der Psychoanalyse. Mit gegenüber der klassischen psychoanalytischen Technik modifizierten Regeln (u. a. nur eine Therapiesitzung pro Woche oder weniger, Behandlung im Sitzen statt im Liegen, geringere Höchstanzahl von Therapiestunden) strebt sie in begrenzterer Zeit begrenztere Zielsetzungen (Symptomminderung statt Änderung der Persönlichkeit, begrenzte Einsicht in innere Konflikte) an. Der Fokus gegenüber einer psychoanalytischen Behandlung liegt eher im „Hier und Jetzt“ und nicht in der detaillierten Aufarbeitung der Lebens- und Problemgeschichte. Der Wortteil „Tiefe“ in Tiefenpsychologie verweist sowohl auf die verborgene Tiefe des Unbewussten (unbewusste oder unverstandene Wünsche, Motive und Konflikte) als auch auf die Zeit, also die fortdauernden Einflüsse aus Kindheit und Jugend. Im Vergleich zu einer Verhaltenstherapie liegt der Schwerpunkt weniger auf der unmittelbaren Beeinflussung des Verhaltens, sondern einer Klärung der zugrundeliegenden Ursachen und dadurch der Verringerung der Beschwerden.
Wichtige Interventionsformen in der tiefenpsychologisch fundierten Therapie sind: den Patienten/die Patientin dabei unterstützen, sich selbst und andere besser wahrzunehmen, die Fähigkeit entwickeln, eigene Gefühle zu erkennen und ernst zu nehmen - was schmerzhaft und belastend sein kann - , sowie Zusammenhänge der aktuellen Probleme mit den bisherigen Lebenserfahrungen zu erkennen.
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wurde in Deutschland Ende der 1960er Jahre in Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen entwickelt und gehört neben der Verhaltenstherapie zu den am häufigsten auf Krankenkassenkosten durchgeführten Psychotherapieformen.